Textprobe aus Outlanders 8 – Die inneren Welten (in Arbeit)

Wie Dominic gehörte Ellena zu den “Wide Rangers“. So nannte man Menschen, die im Aufspüren der Keymon besondere Fähigkeiten besaßen und deshalb von den Priestern des Neuen Zweiges unentwegt missioniert wurden. Menschen wie Ellena wurde von den Geistlichen nahegelegt, ihre Bestimmung in den Tanks zu finden, und eine Reinkarnation als Gothrek anzustreben. Die genetisch manipulierten Kreaturen wurden inzwischen als überirdische Wesen angesehen, die zu Fleisch geworden waren. Und tatsächlich bot die Akkato Religion eine Nische, die von den Gothreks gefüllt werden konnte. Nach der Mythologie gab es Geschöpfe, die in den Wurzeln und Blättern der heiligen Bäumen wohnten. Beschützer, die immer dann zum Leben erwachten, wenn die Not der Akkato am größten war, die unter dem Laubdach dieser Bäume lebten. Natürlich wusste Dominic, dass die Gothreks aus den Tanks der Reskor Forschungsstation nicht das Geringste mit dem Glauben der Pferdeköpfe zu tun hatten. Aber es gab genügend Akkatopriester, die bereit waren diese Fakten in den Hintergrund zu drängen und sich selbst zu belügen. Unter den Priestern, die von Anfang an dabei gewesen waren und diese künstliche Religion mitaufgebaut hatten, wusste man um die Realitäten. Nur ab und an gestattete man es sich, ironische Bemerkungen zu machen, bevor man wieder in den bequemen Selbstbetrug verfiel. Einige Geistliche glaubten inzwischen ihre eigenen Lügen, die sie wie göttliche Wahrheiten verbreiteten. Lediglich den neuen Predigern und Priestern gestand Dominic ein Maß an Naivität zu, dass sie zu Gläubigen machte, auch wenn sie über die vielen Gerüchte bescheid wussten und ebenfalls Zweifel haben mussten. Allerdings gestand sich Dominic ein, dass ihm der Ruf schmeichelte, der ihm, seinen Kameraden und den Gothreks anhaftete. Die Menschen und ihre monströsen Begleiter galten längst nicht mehr als simple Spürhunde, wie das für die Akkato auf Dostra der Fall gewesen war. Inzwischen begegnete man ihnen auch mit Respekt und Ehrfurcht. Dominic erinnerte sich an eine Begegnung mit den Akkato die eine Agrarwelt bewohnten, von der sie die Keymon vertreiben konnten. Die Bauern warfen sich vor den Menschen nieder und berührten sie hier und da mit ihren Fingerspitzen, wenn sie vorübergingen.
„Ich werde trotzdem kein Auge zumachen“, meinte Ellena. „Irgendwie traue ich dem Frieden nicht.“
Dominic hörte nur mit halbem Ohr zu. Mendez war im Anmarsch. Mit dem gewohnt unergründlichen Gesichtsausdruck, der feierlichen Ernst ausstrahlte, stapfte er die Düne herauf. Dominic schätzte den Mann, wegen seiner Umsicht und Zuverlässigkeit. Er war unentbehrlich und genoss großen Respekt. Der unumstößliche Glaube jedoch, durch den sich Mendez ebenfalls auszeichnete, bereitete Dominic Bauchschmerzen. Für ihn war der Mann der Inbegriff eines Fanatikers. Er zeigte sich nachsichtig mit allen, die seine Ansichten teilten und war hart gegen jene, die damit nicht so ganz übereinstimmten. Es war ratsam, sich ironische Kommentare über die Religion des Neuen Zweiges zu verkneifen, wenn er in der Nähe war. Dominic schauderte es vor dem Tag, an dem er es sich mit Mendez verscherzte. Dieser Moment würde kommen, das war so sicher, wie der Donner, der auf den Blitz folgte. Seltsamerweise fühlte Dominic den unwiderstehlichen Drang, das Kommen dieses Augenblickes zu beschleunigen.
„Was haben Sie auf dem Herzen?“, wollte Dominic wissen.
Mendez schien darauf zu warten, dass sich Ellena entfernte. Sie gehörte zu jenen Personen, denen er mit Argwohn begegnete, weil sie mit ihren Ansichten nicht hinter dem Berg hielten und Glaubensdingen skeptisch gegenüberstanden.
„Ich bin schon weg“, meinte sie und ging zurück zu den Anderen, um beim Aufbau eines Lagers zu helfen.
Mendez wartete eine Weile, bis sie außer Hörweite war. „Ich würde gerne eine Patrouille durchführen.“
Dominic ermüdete der Eifer seines Kameraden. „Entspannen Sie sich Mendez“, beschwichtigte er. „Wir haben gerade einen Kampf hinter uns gebracht. Geben Sie den Leuten etwas Zeit, sich zu erholen.“
„Solange es Feinde gibt, dürfen wir uns nicht ausruhen.“
„Green meint, es wäre sicher hier.“
„Ich überzeuge mich gerne selber davon.“
„Kommen Sie. Wie sollten es die Skelcs schaffen, sich in dieser Umgebung an uns heranzuschleichen.“
„Ich erinnere Sie nur ungern an die Tunnel auf Skota.“
Dominic gab auf. „Was werden Sie machen, wenn wir die Keymon endgültig besiegt haben?“
„Es wird immer Gegner geben, die man bekämpfen muss.“
Die Keymon waren bisher die einzigen Feinde, gegen die die Akkato mit großen Streitkräften vorgingen. Einsätze gegen Schmuggler und Piraten gab es zwar auch, aber das machten die Pferdeköpfe in aller Regel alleine und mit Einheiten, die nicht der Armee angehörten. Die Menschen fanden nur Verwendung bei der Bekämpfung von Keymon und die waren so gut wie am Ende. Die letzten Einheiten der Käfer setzten sich von ihren verbliebenen Kolonien ab und zogen sich auf die Hauptwelt Keemona zurück.
„Ich sehe unserer Zukunft mit Sorge entgegen“, meinte Dominic und studierte jede Regung auf Mendez Gesicht, so gut das bei dem Mann überhaupt möglich war. Bis auf die wenigen religiösen Momente, in denen er ein Gebet oder einen Psalm murmelte, blieben seine Emotionen hinter einer stoischen Maske verborgen, scheinbar nie verrutschte. „Verstehen Sie was ich meine?“ Dominic versuchte mit dieser Frage, die Gedanken des Soldaten zu erfahren.
Mendez wendete seinen Blick zum Horizont. „Ich mache mir nie Sorgen über das, was kommt. Ich lebe im Augenblick und tue was der Moment erfordert.“
„Sie denken nie über die Zukunft nach?“
„Gott lenkt unsere Zukunft. Was geschehen wird, ist längst beschlossen. Warum sich also über Vergangenes Gedanken machen? Es ist Gottes Wille, an dessen Unfehlbarkeit ich nicht zweifle. Ich bedauere Menschen, die über verpasste Gelegenheiten jammern oder in der Vergangenheit leben, als könnten sie dadurch etwas ändern, das ihrer Meinung nach falsch gelaufen war.“
Dominic versuchte diese philosophische Folgerung zu analysieren. Zukunft ist Vergangenheit. Seiten, im Tagebuch eines unergründlichen Wesens, die bereits geschrieben sind. Ein Gedanke der Dominic zutiefst missfiel und ihm regelrecht Platzangst verursachte. Denkende Wesen, eingeklemmt in einem imaginären Spalt zwischen Vergangenheit und Zukunft. Eingeschlossen. Starr. Ohne die Möglichkeit zu eigenständiger Bewegung. Dass es Religionen gab, die diesen Schicksalsglauben lehrten, war Dominic bewusst. Aber alles was er über den christlichen Glauben wusste, zu dem sich Mendez augenscheinlich bekannte, schien diesen Gedanken nicht zu bedienen. Es würde ihn interessieren, wie eine Diskussion über dieses Thema zwischen Mendez und Dallas Jablonski ausgehen mochte. Er schmunzelte, bei dem Gedanken. Eine derartige Debatte, ausgetragen von diesen ungleichen Charakteren, würde ein ziemlich unchristliches aber gewiss amüsantes Ende finden.
„Ob man etwas ändern kann oder nicht“, fuhr Dominic fort. „Sie werden ihren Part in Gottes Plan spielen. Mich beschäftigt nur die Frage, ob Gott Sie als ein rechtschaffenes Wesen entworfen hat, Antonio.“
Für einen Augenblick schien Mendez tatsächlich irritiert zu sein, bevor er eine Antwort formulierte. „Das hoffe ich doch“, sagte er mit fester, aber demütiger Stimme. „Ich bete darum.“
Dominic beschloss, es dabei bewenden zu lassen. „Stellen Sie ihren Trupp zusammen, aber entfernen Sie sich nicht zu weit. Wir wissen nicht, wann die Akkato uns wieder abholen und ich will Sie nicht suchen müssen.“
Outlanders 1: Die Invasoren

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