Speedballmatch (inspired by Rollerball)
Es war der 3. August des Jahres 4591. Die Speedball-Unionsmeisterschaften gingen zu Ende. Davis Team, die Pittsburg Thunder Cats, lagen einen Punkt hinter den Florida Bullfrogs zurück, konnten aber vor einigen Sekunden den Ausgleich erzielen. Wie alle Kommentatoren übereinstimmten, war diese Endspielbegegnung seit Langem die Erste, über die man mit Recht berichtete. Davon abgesehen, dass es sich bei den Thunder-Cats um das Team einer Provinz-Universität handelte, welches sich mit Ehrgeiz und Können ins Finale gespielt hatte, zeigte dieses Duell alles, was Speedball an Spannung zu bieten hatte. Die Spielzeit der Verlängerung, nach einem Punktestand von acht zu acht, lief ab und sorgte für eine Steigerung des Nervenkitzels. Es verblieben noch hundertvierzig Sekunden, bevor der Schlusspfiff kam und das gefürchtete Zielwerfen einleitete.
Davis verfolgte die Endphase des Spiels von der Beobachtungslounge aus. Sie befand sich in der Spitze eines Turmes, der sich im Mittelpunkt der kreisrunden Spielbahn erhob, aus der er wie eine Achse in den Himmel stach. Neben den vielen Möglichkeiten, die ihm Hologramme und Monitore baten, bediente sich Davis eines altmodischen Feldstechers mit elektrostatischen Wasserlinsen, um das Geschehen auf der gewölbten Bahn zu betrachten. David Grassner gelang es, den Straight-Pass eines gegnerischen Spielers im Flug abzufangen. Die Regel sah vor, dass er den Ball nach vier Sekunden abzugeben hatte, indem er ihn auf der Bahn absetzte und mit dem Magnetimpuls seiner Fang und Wurfhand zu einem Mitspieler lenkte. Grassner wirbelte in seiner Speedball-Rüstung um hundertachtzig Grad herum, beschleunigte mit den Rollschuhen und fand in Miranda Perkins eine Anspielstation. Die nahm den Ball vom Boden auf und jagte mit ihm davon. Sie erhöhte das Tempo, um den Angreifern des gegnerischen Teams zu entkommen. Fünf ihrer Mitspieler befanden sich nun vor ihr, die in Richtung Tor unterwegs waren. Fünf Mannschaftskollegen, von denen sie einen in den nächsten zehn Sekunden anspielen musste. Sie befand sich an sechster Stelle und wählte Daniel Harris, dem sie den Ball zuspielte, indem sie ihn über den Boden rollen ließ, während sie von zwei Gegnern bedrängt wurde. Harris hatte Mühe, den Ball anzunehmen und unter Kontrolle zu halten. Ein Angreifer schloss schnell zu ihm auf und nutzte diese Unsicherheit, indem er ihn von der Seite anrempelte. Linda Pingale vollzog mit Harris einen geschickten Handover, der mit Applaus honoriert wurde.
Raymond Davis wusste, dass sein Team mit den letzten Kräften aufwartete. Der gerade vereitelte Ziellauf der Florida-Bullfrogs war die letzte Chance das Match zu gewinnen und das Zielwerfen zu verhindern. Der laufende Angriff auf das gegnerische Tor musste gelingen. Er setzte seine ganze Hoffnung auf Alden Freyjoy, dem allerdings selten ein Wurf gelang, wenn alle Erwartungen auf ihn gerichtet waren und ihn gehörig unter Druck setzten. Er war an der Spitzenposition, doch er musste sich zurückfallen lassen, um sich anzubieten. Die Bullfrogs mussten alles daran setzen, einen Pass auf ihn zu verhindern. Da er der letzte Mann vor dem Tor des Gegners war, durfte man ihm einen Straight zuwerfen. Das war riskant, aber die einzige Möglichkeit Zeit herauszuspielen, die ihm genügend Freiraum ließ, sich auf den finalen Wurf zu konzentrieren. Davis biss die Zähne aufeinander. Womöglich durfte man Freyjoy nicht genügend Zeit zum Überlegen geben. Vielleicht war ein instinktiv geführter Straight das Beste.
Linda Pingale gelang es, sich aus der Gruppe ihrer Angreifer zu befreien und sich mit ein paar gekonnten Schwüngen von ihnen abzusetzen. Sie überholte Jonathan Bloomwick, Ramona Woodrick und Marcus Boonweather. Davis beobachtete, wie sie sich fertigmachte einen Straight-Pass zu Freyjoy zu spielen. Freyjoy hatte gerade damit zu tun sich zweier Bullfrogs zu entledigen, von denen sich einer in der Passlinie bewegte. Der Andere kam ihm von links hinten zu nahe und es gelang Freyjoy ihn mit einem präzisen Schulterstoß zu Fall zu bringen. In einer gewaltigen Kraftanstrengung überholte Alden den Gegner in der Wurflinie und Linda warf ihren Straight. Es ging ein Aufschrei durch die Reihen der Zuschauer, als sich Freyjoy den harten Pass schnappte. Für einen Moment geriet er dabei ins Stolpern und schien zu stürzen, aber er fing sich und nahm Geschwindigkeit auf. Der Rest der Bullfrogs jagte ihm hinterher. Ein verzweifelter Versuch, Freyjoys Sprint auf das Tor zu unterbinden. Das Tor – ein schwebender Ring mit einen Lochdurchmesser von circa drei Metern – war nur noch vierhundert Meter entfernt. Dreihundert Meter. Einer der Bullfrogs kam rasch näher. Er verringerte den Abstand schnell, während Freyjoy noch zögerte, einen Weitwurf zu wagen.
Davis starrte gespannt auf das Geschehen. Die letzten zwanzig Sekunden verrannen unerbittlich. „Mach den Wurf!“, zischte Davis durch die Zähne. „Mach ihn!“
Freyjoy machte sich bereit. Nur noch zweihundert Meter bis zum Tor, das in den Farben der Bullfrogs leuchtete. Die Finger eines Gegners kratzten über Aldens Rücken. Ein versuchtes Foul. Der Schiedsrichter ließ Vorteil gelten. Der Bullfrog bekam Freyjoys Schulter zu fassen, aber der tauchte unter dem Gegner weg und vollzog eine Drehung, die ihn hinter den Angreifer brachte. Mit dem Schwung der Pirouette schleuderte Freyjoy den Ball in Richtung Ziel.
Wie die Zuschauer, hielt auch Davis den Atem an und verfolgte die Flugbahn des Balls, in Richtung Tor. Er prallte gegen den inneren Rand des Ringes und sprang dann fast senkrecht in die Höhe. Fast wie in Zeitlupe stürzte er zurück, stieß abermals gegen den metallenen Ring. Für einen Sekundenbruchteil schien er sich nicht entscheiden zu können, wohin er nun fallen sollte.
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