Schreiben als Flucht?

Immer wieder werde ich mit den Vorwürfen konfrontiert, mein Schreiben sei eine Flucht vor der Realität. Ich antworte mit Ja! Aber der Begriff Rückzug definiert die Sache besser. Dumm ist der, der niemals einen strategisch taktischen Rückzug in Erwägung zieht. Auch die selbsternannten Realisten haben ihre Rückzugsorte, auch wenn ihnen das nicht so bewusst ist. Womöglich liegt es daran, dass ihre Refugiuen enger an die stofflichen Realitäten geknüpft sind. Als da sind, das Auto, oder der Chopper an dem er schraubt, wenn ihm mal alles über den Kopf wächst. Ist die Modell-Eisenbahn im Keller noch in Mode? Wohin sich der gestresste Manager zurückzieht, den weiß bepinselten Gipfel eines Pappmachee Berges zur Seite klappt, draus er gottgleich emportaucht, versehen mit Eisenbahnerkappe, samt Trillerpfeife, um sich als Herr der Welt zu fühlten, wenn er seineMini- Züge rangiert. Auch der Sportfan, der durch die Helden des Spielfeldes sowohl Sieg wie Niederlage erfährt als wäre es sein eigenes Leben.

So hat jeder seine Fluchten. Und wer könnte ohne sie auskommen? Offenbar all jene, die man bei den Psyco-Therapeuten und in den Nervenkliniken finden kann. Darüber will ich mich nicht lustig machen. Auch ich musste mich 2014 einer Therapie unterziehen, als es mir wegen der Pflege meiner Mutter kaum noch möglich war, heilsame Rückzüge anzutreten. Ich rede daher aus Erfahrung, wenn ich die kleinen Fluchten als lebensnotwendige Maßnahme begreife.

Ich habe eine Frau und einen Stiefsohn aus der Ukraine. Gerade sind die Zeiten noch um einiges schwieriger geworden. Zudem befindet sich der größte Teil meiner angeheirateten Verwandtschaft noch in Kiew. Meine Sorgen drehen sich also um sie, ihre Situation und die Möglichkeiten sie aus der Gefahrenzone zu bringen. Plötzliche werden Begriffe, wie Asyl, Fluchtrouten und Schlepperbanden zu Bestandteilen meiner täglichen Überlegungen.

Das ist der eigentliche Grund, warum ich diesen kleinen Blog gerade schreibe. Ich wüsste nicht, ob ich für all das, was nun über mich hereingebrochen ist, die nötige Kraft hätte, würde ich mir die kleinen Fluchten nicht gegönnt haben.

English

Writing as an escape?

Again and again I am confronted with the accusation that my writing is an escape from reality. I answer with yes! But the term retreat defines the matter better. Stupid is he who never considers a strategic tactical retreat. Even the self-proclaimed realists have their retreats, even if they are not so aware of it. Possibly it is because their refuges are more closely tied to material realities. As there are, the car, or the chopper on which he screws, if everything grows him sometimes over the head. Is the model railroad in the basement still in fashion? Where the stressed manager retreats, folding aside the white-painted summit of a papier-mâché mountain, from which he emerges godlike, equipped with a railroad cap, complete with whistle, in order to feel like the master of the world when he shunts his miniature trains. The sports fan, too, who experiences both victory and defeat through the heroes of the playing field as if it were his own life.

So everyone has their escapes. And who could do without them? Apparently, all those who can be found in psyco-therapists and mental hospitals. I don’t want to make fun of that. I, too, had to undergo therapy in 2014, when caring for my mother made it almost impossible for me to go on healing retreats. Therefore, I speak from experience when I understand the small escapes as a vital measure.

I have a wife and a stepson from Ukraine. Right now, times have become even more difficult. Moreover, most of my in-laws are still in Kiev. So my worries are about them, their situation and the possibilities to get them out of the danger zone. Suddenly, concepts such as asylum, escape routes and smuggling gangs become part of my daily thoughts.   That is the real reason why I am writing this little blog right now. I don’t know if I would have the necessary strength for all that has come over me now, if I hadn’t allowed myself the little escapes.

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